Ein primäres Immundefektsyndrom (PIDS) wird diagnostiziert, wenn ein Versagen des Immunsystems allein durch intrinsische Faktoren verursacht wird, z.B. durch Gendefekte oder Autoimmunreaktionen unbekannter Ätiologie. Im Gegensatz dazu resultiert ein sekundäres Immundefektsyndrom aus einer Grunderkrankung oder der Wirkung externer Faktoren wie Infektionserreger oder Umwelteinflüsse. PIDS kann mit Störungen der angeborenen oder erworbenen Immunität einhergehen, mit qualitativen oder quantitativen Anomalien, mit einer verminderten oder überschießenden Reaktion auf Immunogene.
Im Allgemeinen sind PIDS-Patienten verstärkt anfällig für Infektionen, die durch obligat pathogene sowie opportunistische Erreger verursacht werden können. Daher werden Patienten oft mit rekurrenten Atemwegs- und Harnwegsinfekten, Hautinfektionen und Otitis media vorstellig [1]. Eine pathologisch erhöhte Infektanfälligkeit liegt vor, wenn ein Patient innerhalb eines Jahres mindestens drei Infektionen von jeweils mehr als vier Wochen Dauer erleidet, die einer antimikrobiellen Therapie bedürfen [2]. Verdacht erregen sollte neben dem wiederholten Auftreten von Infektionen auch die gleichzeitige Beeinträchtigung mehrerer Organsysteme.
Des Weiteren gelten folgende, grundsätzliche Angaben:
Viele Formen des PIDS sind tatsächlich auf einen Mangel an Zellen und Faktoren, die zur Bekämpfung einer Infektion erforderlich sind, zurückzuführen. Aber gleichermaßen werden auch Defizienzen an regulatorischen Elementen als PIDS definiert. Bei diesen Patienten können chronische Entzündungen das klinische Bild dominieren [6]. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis, interstitielle Lungenerkrankungen, Zöliakie und Glomerulonephritis zu nennen [2].
Eine vollständige Aufarbeitung wiederholter Infektionen ist notwendig, um die Liste möglicher Differenzialdiagnosen einzuschränken. Es ist wichtig, PIDS von sekundären Immundefektsyndromen abzugrenzen, und die Zellen oder Faktoren, die in ihrer Funktion beeinträchtigt sind, zu identifizieren:
Die Substitution von IgG ist der häufigste therapeutische Ansatz für PIDS, da dieser Immunglobulintyp gegen Infektionen mit einer Vielzahl von Pathogenen schützt [11]. Darüber hinaus erhalten erhebliche Anteile von PIDS-Patienten Antibiotika, sowohl um Infektionen vorzubeugen, als auch um bereits bestehende zu behandeln. Eine kontinuierliche antimikrobielle Therapie ist jedoch nicht ohne Nebenwirkungen und die Resistenzentwicklung kann die Auswahl des Antibiotikums im Falle lebensbedrohender Infektionen stark einschränken. Die immunsuppressive Therapie zielt darauf ab, abweichenden Immunantworten entgegenzuwirken, die entweder PIDS (Autoimmunerkrankung) auslösen oder von PIDS herrühren. Andererseits kann die Proliferation von verarmten Zellpools durch Anwendung von Wachstumsfaktoren verstärkt werden. Solche Therapien können jedoch das Risiko einer malignen Degeneration tragen. Hämatopoetische Stammzelltransplantation wird normalerweise bei Non-Respondern durchgeführt und kann tatsächlich der einzige kurative Ansatz für viele erbliche Immundefekte sein.
Die Lebenserwartung von PIDS-Patienten hängt von der Grunderkrankung ab, wurde jedoch mit 1 bis 49 Jahren angegeben [11]. Allerdings wird PIDS vermutlich nicht ausreichend diagnostiziert und es ist zu erwarten, dass leichte Formen der Erkrankung die Lebenserwartung des Patienten nicht signifikant reduzieren. Einige Studien berichten, dass viele PIDS-Patienten eine nahezu normale Lebenserwartung haben [12]. Die insgesamt schlechte Prognose bei moderatem bis schwerem PIDS ist darauf zurückzuführen, dass sie durch Gendefekte verursacht werden, die oft nicht heilbar sind. Hier umfasst die Behandlung präventive und unterstützende Maßnahmen, aber die meisten Patienten versterben an schweren Infektionen, Sepsis oder malignen Erkrankungen. Verbesserungen bei der Transplantation von hämatopoetischen Stammzellen machen dieses Verfahren jedoch zu einer Behandlungsoption, die für Patienten mit PIDS verfügbar ist. Morbidität und Mortalität könnten aufgrund dieser Behandlungsmodalität weiter abnehmen.
Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, jede als PIDS eingestufte Krankheit zu besprechen und der interessierte Leser wird auf die umfangreiche Liste verwiesen, die vom Expertenkomitee für Immunschwäche der Internationalen Union der Immunologischen Gesellschaften für primäre Immunschwäche zusammengestellt wurde [3]. Die folgende Liste soll lediglich einen Eindruck der Heterogenität von PIDS vermitteln.
Natürlich kann PIDS mehrere der oben genannten Kriterien erfüllen, beispielsweise wurde eine genetische Prädisposition für Autoimmun-vermittelte PIDS für verschiedene Krankheiten gezeigt [13]. In der Tat wird eine solche kombinierte Ätiologie für eine der häufigsten PIDS, für das variable Immundefektsyndrom angenommen. Trotz erheblicher Forschungsanstrengungen sind die genauen Auslöser der Krankheit weitgehend unbekannt. Dies gilt auch für den selektiven IgA-Mangel, eine noch häufigere Art von PIDS. Obwohl es sich um eine genetische Störung handelt, kann das variable Immundefektsyndrom aus dem selektiven IgA-Mangel entstehen, was auf teilweise Überlappungen in ihrer Ätiologie hindeutet.
Es gibt mehr als 150 PIDS und sie variieren stark in Bezug auf Inzidenz und Prävalenz, Vorkommen in bestimmten Patientengruppen und Altersverteilung. Das häufigste PIDS ist der selektive IgA-Mangel und seine Prävalenz wurde in der westlichen Welt auf etwa 1 von 600 Einwohnern geschätzt. Interessanterweise sind die Prävalenzraten in Ostasien viel niedriger und betragen möglicherweise nur 1:18.000 Personen [13]. Im Gegensatz dazu betreffen andere PIDS wie das Job-Syndrom weniger als 1:1.000.000 Menschen.
PIDS ist ein allgemeiner Begriff, der eine heterogene Gruppe von Erkrankungen umfasst, die das gemeinsame Merkmal der Immunschwäche teilen. Die zugrundeliegenden Gendefekte (oder Autoimmunreaktionen) können jedoch weitere Beschwerden hervorrufen, z. B. neurologische Defizite, kardiovaskuläre und pulmonale Störungen und Hautläsionen, um nur einige zu nennen, und diese werden manchmal als syndromische Merkmale bezeichnet. Gastrointestinale Störungen sind ebenfalls sehr häufig und können sowohl bei Patienten mit variablem Immundefektsyndrom, als auch bei Personen mit selektivem IgA-Mangel beobachtet werden. Zöliakie und Diarrhö sowie entzündliche Darmerkrankungen treten auf [14]. Die Schleimhäute des Gastrointestinaltraktes sind kontinuierlich bakteriellen, viralen und fungalen Erregern, Parasiten, nicht-pathogenen Antigenen und physikalischen Reizen ausgesetzt. Dementsprechend hat sich dieses Organsystem zu einem der größten Immunorgane im menschlichen Körper entwickelt. Dies beruht auf der angeborenen Schleimhautimmunität sowie auf adaptiven Immunantworten, die durch Lymphozyten, Makrophagen und dendritische Zellen vermittelt werden. Bei variablem Immundefektsyndrom und selektivem IgA-Mangel ist das adaptive Immunsystem gestört. Die chronische granulomatöse Erkrankung bei Kindern soll als Beispiel für eine Störung der angeborenen Immunität dienen [15].
Obwohl eine erhöhte Infektanfälligkeit das Kennzeichen vieler PIDS ist, sollte die Rolle des Immunsystems bei der Antimutagenese und Antikarzinogenese nicht unterschätzt werden. Tatsächlich können PIDS-Patienten zur Entwicklung von Neoplasmen neigen. Die Ataxia teleangiectatica soll als Beispiel für die Prädisposition für Malignome durch PIDS dienen. Diese Krankheit wird autosomal-rezessiv vererbt und durch Mutationen des ATM (Ataxia Telangiectasia Mutated) Gens hervorgerufen, dessen Genprodukt an der Reparatur von der DNA, unter anderem an Brüchen in Doppelsträngen, beteiligt ist. Betroffene Personen sind anfällig für akute lymphoblastische Leukämie, Hodgkin-Lymphom, Non-Hodgkin-Lymphom und Karzinome [16].
PIDS kann sich aufgrund von Gendefekten oder Autoimmunantworten gegen Komponenten des Immunsystems entwickeln und beide pathophysiologischen Ereignisse sind von unbekannter Ätiologie. Daher können keine spezifischen Maßnahmen zur Vermeidung von PIDS empfohlen werden. Die Art der Vererbung ist jedoch für viele Krankheite, die mit primärer Immunschwäche assoziiert sind, bekannt und betroffenen Familien kann geraten werden, eine genetische Beratung zu suchen. Auch psychologische Unterstützung kann in Beratungsgesprächen angeboten werden. Die pränatale Diagnose von PIDS mittels Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese sollte in Betracht gezogen werden.
Die meisten PIDS sind angeborene Krankheiten und umfassen eine sehr heterogene Gruppe von mehr als 150 Formen [3] [17]. PIDS kann aufgrund dessen schwierig zu diagnostizieren sein. Der genaue Defekt, der PIDS zugrunde liegt, bestimmt die Schwere der Erkrankung und macht den Patienten für bestimmte Krankheitserreger oder Noxen anfällig. Da die Exposition gegenüber diesen Reizen früh im Leben auftritt, manifestieren sich PIDS-assoziierte Symptome gewöhnlich kurz nach der Geburt oder nach Beendigung des Schutzes durch maternale Antikörper. Autoimmun-vermittelte PIDS kann eine Ausnahme dieser Regel sein. Hier werden Bestandteile des Immunsystems aufgrund einer Autoimmunantwort gegen diese Strukturen zerstört und dies kann in jedem Alter auftreten.
Neben einer erhöhten Infektanfälligkeit sind viele PIDS mit Entwicklungsdefekten, Gedeihstörungen, Wachstumshemmung und Malignitätsentwicklung verbunden. Symptome sind oft unspezifisch, was eine detaillierte Aufarbeitung erfordert, um sowohl quantitative als auch funktionelle Veränderungen einer Subpopulation von Zellen, Antikörpern und Mediatoren zu identifizieren [18]. Nur dann kann das breite Spektrum der Differentialdiagnosen eingegrenzt werden. Dennoch bleibt die Ätiologie vieler PIDS nur wenig verstanden und diese Tatsache erschwert ihre Diagnose weiter.
Ein Immundefekt bezeichnet eine Fehlfunktion des Immunsystems, die den Patienten für Infektionen anfällig machen kann. Viele Krankheiten sind mit Immundefekten assoziiert, wobei das erworbene Immunschwächesyndrom (AIDS) aufgrund der Infektion mit dem menschlichen Immunschwächevirus (HIV) wahrscheinlich am bekanntesten ist. Da AIDS das Ergebnis einer Infektion mit HIV ist, wird die entsprechende Immunschwäche als sekundäre Immundefektstörung klassifiziert. Dies gilt auch für eine defekte Immunität aufgrund anderer Infektionskrankheiten, der Einnahme von Medikamenten, Tumoren der Immunorgane, usw. Wenn hingegen kein Auslöser identifiziert werden kann, werden Immundefekte als primäres Immundefektsyndrom (PIDS) bezeichnet. PIDS werden am häufigsten durch Gendefekte verursacht und sind somit bei der Geburt vorhanden. Sie manifestieren sich nicht notwendigerweise innerhalb des ersten Lebensjahres, aber die meisten PIDS tun dies. Betroffene Kinder leiden an wiederkehrenden Nasennebenhöhlenentzündungen, Mittelohrentzündungen, Infektionen der oberen Atemwege und Lungenentzündungen, aber auch an Entwicklungsstörungen und Gedeihstörungen. Komponenten des Immunsystems können auch das Ziel von Autoimmunreaktionen sein, d.h. Angriffe der Immunzellen des Patienten gegen das eigene Gewebe. In diesem Fall kann PIDS in jedem Alter auftreten. Die Symptome sind ähnlich wie zuvor erwähnt. Bis heute sind insgesamt 150 Formen von PIDS bekannt und die häufigsten sind die variable Immunschwäche und der selektive IgA-Mangel. PIDS wird üblicherweise durch Bluttests und klinische Merkmale diagnostiziert. Die Behandlung zielt im Allgemeinen auf die Wiederherstellung der normalen Funktion des Immunsystems durch Immunglobulintherapie, Wachstumsfaktortherapie oder hämatopoetische Stammzelltransplantation für therapieresistente Fälle ab.